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Ängste verstehen und auflösen! (Teil 2)

(Teil 2: Eine mögliche Definition von Angst und die verdrängten Persönlichkeitsanteile)

Angst - eine mögliche Übersetzung und Deutung des Begriffes

Der Begriff Angst kann vom lateinischen Angustus abgeleitet werden, was in etwa beschränkt, eng, schmal bedeutet. Nach dieser Definition ist demnach etwas eingeschränkt und wenig vorhanden. Wenn wir davon ausgehen, dass sich diese Enge auf unser Bewusstsein bezieht, dann kann Folgendes gesagt werden: Je enger unser Bewusstsein ist und je unbewusster wir leben, umso mehr dürften wir auch Ängste erleben.

 

Überwiegend dürften wir das Gefühl der Angst mit allen Mitteln zu vermeiden und aus dem Weg zu gehen versuchen. Und wenn wir dabei an den eigenen Schatten und unsere Abgründe denken, dann können uns diese Ängste als ziemlich groß und bedrohlich erscheinen, weswegen es uns, aus dieser Sicht, als noch plausibler erscheint, dass wir versuchen, unsere Ängste aus unserem Leben auszuschließen. Da sich aber dort, im Schatten, all das befindet und dort all das erscheint, was wir (an uns) nicht mögen, nicht wahrhaben und akzeptieren wollen, können das Unbewusste immer größer und bedrohlicher werden und damit gleichzeitig auch unsere Ängste wachsen.

 

Erklärung an zwei Beispielen

Wenn wir also beispielsweise mit dem Fahrrad fahren (sagen wir als Kind) und bei den ersten unbeholfenen Versuchen so erheblich stürzen, dass wir uns verletzen, und nun nicht sofort wieder aufstehen und weitere Versuche mit dem Fahrrad unternehmen würden, kann das Gefühl und die Überzeugung entstehen: “Fahrradfahren ist sehr gefährlich!

Damit kann das Fahrradfahren verdrängt werden und eine Angst davor entstehen. Das Nicht-Wissen um das Fahrradfahren herum, welches mit Fragen begleitet werden kann, wie “was wird mir durch das Fahrradfahren noch alles passieren? Werde ich wieder stürzen und mich wieder so stark verletzen?, macht dabei die Angst aus.

Mit jedem weiteren Tag des Nicht-Fahrradfahrens kann sich die Angst allmählich festsetzen und dadurch möglicherweise zunächst in die Vergessenheit geraten. Bis ich damit wieder, z. B. im frühen Erwachsenenalter, konfrontiert werde, bspw. durch andere Fahrradfahrer oder Situationen und Ereignissen, wie Radrennen, etc., die dann für mich “sehr leichtsinnig und auch noch ohne Helm” sich mit dem Fahrrad vorwärts bewegen.

 

Deswegen sagen Eltern zu ihren Kindern (zurecht aus meiner Sicht), nachdem ihre Kinder mit dem Fahrrad hingefallen sind, “sofort wieder aufstehen und weiterfahren!” Denn so kann das Ereignis Fahrradfahren erst gar nicht verdrängt werden und in den Schatten gelangen und uns in Zukunft ängstigen.

 

Allgemein kann, mit zunehmenden Ängsten, unser Bedürfnis nach Sicherheit und Abgrenzungen deutlich ansteigen und ein besonders extremes Ausmaß dabei annehmen. Wir können dadurch verstärkt den Wunsch verspüren, uns durch zusätzliche Schlösser an der Tür unserer Wohnung oder unseres Hauses, abzusichern. Oder wir grenzen uns über das Maß hinaus von anderen Menschen ab, in dem wir zu allem “Nein” sagen, was den anderen ausmacht und er von uns möchte. Damit besteht die Gefahr, dass wir den anderen zu sehr emotional und seelisch aus unserem Leben ausgrenzen, wodurch wir, sowohl im Außen als auch im Innern, eine Barriere zu anderen, errichten.

 

Um noch einmal zu verdeutlichen: Wir können und sollten uns auch weiterhin uns abgrenzen und Sicherheiten schaffen! Es geht mir hierbei nur darum, mittels eines Beispiels, zu verdeutlichen, wie Ängste entstehen und was sie bewirken können. So können wir auch unser Eigenheim durch entsprechenden Besitz und Reichtümern aufwerten, das alles zum Blinken und Glitzern bringt - was auch nett anzusehen ist. Aber wenn nicht auch gleichzeitig ein inneres Wachstum unserer persönlichen Werte erfolgt, wird sich das äußere Wachstum (durch Geld und Besitz) sich ins Unermessliche steigern müssen, ohne wirklich innere Sicherheit und Wertigkeit dabei erlangen zu können. Die dahinter stehende Energie, wofür das entsprechende Urprinzip (Stier-Venus) steht, will gelebt werden! Der Energie (dem Prinzip) ist es dabei gleichgültig auf welcher Ebene, ob materiell (im Außen) oder geistig-seelisch (im Außen).

 

Es ist dabei noch zu erwähnen, dass das Äußere nicht nur ein Hinweis dafür sein kann, dass im Inneren etwas fehlt. Es kann auch, wie Rüdiger Dahlke dies schön formuliert hat (um das Resonanzgesetz zu erläutern), ein Ausdruck dessen dafür sein. So kann ein äußerer Reichtum auch den inneren Reichtum ausdrücken. Was ich oben versucht habe, zu erläutern, bezieht sich auf das Polaritätsgesetz. Wenn ein Pol übertrieben ausgelebt wird und demnach ein extremes Verhalten (eben z. B. das Anhäufen von Geld und Besitz im Außen) verfolgt wird, kann auf eine Unterbetonung des anderen Pols hinweisen, demnach auf ein Mangel im Inneren. Diesen Umstand hatte schon Alfred Adler, ein Schüler Freuds und österreichischer Psychotherapeut und Begründer der Individualpsychologie als Kompensation beschrieben. Es wird ein Mangel (welches auf einem Minderwertigkeitsgefühl basieren kann) ausgeglichen, in dem der andere Pol überbetont wird, wie bei einem Ohnmachtsgefühl besonders viel Macht demonstriert wird. C. G. Jung ging noch weiter und betrachtete die Kompensation als eine im Hintergrund ablaufende Funktion, die einen Ausgleich zwischen unbewusstem Handeln und dem Bewusstsein ermöglichte.* Und damit kann dies als ein Hinweis für den Skorpion und das 8. Haus gesehen werden, um das es hier geht. Eine, durch Verdrängung, nicht gelebte Energie, befindet sich im Schatten und dieser wiederum wird durch das 8. Haus angezeigt.

 

Jedenfalls können wir unser Selbstwertgefühl durch persönliche und innere Werte aufbauen, oder wir versuchen unser Minderwertigkeitsgefühl zu kaschieren und kompensieren, durch äußere starre und extreme Sicherheitsvorkehrungen.

 

* C. G. Jung - Über die Psychologie des Unbewussten, S. 100 ff., S. 105 (genauere Angaben am Ende des gesamten Artikels)

 

Das Ich, der Schatten und das Selbst

Da das Ich (nach C. G. Jung) die bewussten Anteile unseres Selbst darstellt (die unbewussten Anteile machen den Schatten aus), können wir auch aus dieser Sicht ableiten, dass hinter unseren Ängsten Persönlichkeitsanteile und deren Werte stehen, die wir nicht oder nicht ausreichend genug leben. Denn das, was wir nicht kennen, da es unserem bewussten Erleben nicht zugänglich ist, zeigt sich uns als etwas Fremdes von Außen, und diese Unbekannte kann - wie oben schon näher beschrieben - Ängste auslösen. 

Noch einmal: Das, was unserem bewussten Leben und damit unserem bewussten Handeln nicht zugänglich ist, beginnt, durch die Projektion ins Außen (durch Personen, Ereignisse, etc. manifestiert), ein Eigenleben, außerhalb von uns, zu entwickeln.

 

Verdrängte Persönlichkeitsanteile verdeutlicht durch ein weiteres Beispiel

Folglich sind unsere Persönlichkeitsanteile, die wir irgendwann einmal verdrängt haben und dadurch in den Schatten gerutscht sind, unserem Bewusstsein nicht (mehr) zugänglich. Dadurch werden sie, die Persönlichkeitsanteile, durch das Unbewusste, auf eher unerlöster Art und Weise gelebt, beim Mütterlichen und Versorgenden (Tierkreiszeichen Krebs, Urprinzip Mond) bspw. durch Unselbstständigkeit (Tierkreiszeichen Krebs, Urprinzip Mond).

Wenn wir demnach (bleiben wir bei diesem Beispiel) den Persönlichkeitsanteil Mutter (als Archetyp*) und die Werte oder Attribute Mütterlichkeit und Fürsorge in unserer Vergangenheit (wann auch immer, in der Kindheit, in Vorleben, etc.) verdrängt haben, dann könnten diese Anteile Ängste auslösen. Dies könnte sich dann derart zeigen, dass wir mit dem Gefühl leben, unsere Mutter oder allgemeiner unsere Eltern oder unsere Partner (wenn wir erwarten, von unserem Partner versorgt zu werden), etc. zu verlieren. Denn es ist, wie oben schon näher beschrieben, zunächst unserem bewussten Erleben nicht zugänglich. Damit sind wir bei der Verlustangst bezogen auf die eigene Mutter im eigentlichen wie im übertragenen Sinne. Später werde ich die Verlustangst mit den entsprechenden Werten ausführlicher beschreiben.

 

Und wenn wir darüber hinaus, nebenbei bemerkt, uns nicht ausreichend von den Werten anderer abzugrenzen vermögen, wir diese aber benötigen, weil wir sie nicht selbst ausreichend entwickelt haben, können wir in Abhängigkeit von anderen (von deren Werten) geraten.

 

*Archetyp: Nach C. G. Jung und seiner analytischen Psychologie stellen die Archetypen Grundkräfte oder -energien dar, die dem kollektiven Unbewussten zugeordnet werden und die unser Verhalten und Bewusstsein beeinflussen.

 

Die verdrängten Persönlichkeitsanteile zum Leben erwecken

Nun könnten wir uns fragen, wie wir die sich daraus ergebenden Werte in unserem Alltag, in unserem Beruf oder allgemein in unserem Leben leben und nachgehen könnten.

Wir könnten z. B. anfangen (bleiben wir weiterhin bei diesem Beispiel), Mutter (im archetypischen Sinne) und Mütterlichkeit, Fürsorge und Schutz anderen Menschen zukommen zu lassen, für andere da zu sein. Diese Angst könnte sich auch auf eine andere Person als unsere Mutter beziehen, bspw. auf unseren Vater. Auf jeden Fall könnten wir dann anfangen, ihnen den Schutz und die Fürsorge zu vermitteln, bei der wir Angst haben, diese selbst nicht zu bekommen. Wie bei dem Beispiel mit dem Fahrrad sollten wir diese Energie leben, am besten auf bewusste Art und Weise, also wieder aufsteigen auf das Fahrrad oder eben fürsorglich zu sein. In beiden Fällen ist es die Aufforderung, dem Prinzip oder dieser Energie gerecht zu werden.

 

Weiterhin könnte jetzt natürlich gefragt werden, warum ich Fürsorge und Schutz meinem Vater (oder wen auch immer) geben sollte, wenn ich doch selbst Angst habe, diese (durch meinen Vater, Partner, etc.) nicht (ausreichend) zu bekommen. Ganz einfach! Weil wir uns diese Fürsorge dadurch selbst geben und auch wieder durch den Vater, nämlich durch das Geben, zurückbekommen. Wir erleben die Fürsorge selbst durch das Geben für und damit auch durch diese Person, die die Fürsorge von uns erhält.

Durch die Bewusstwerdung der verschütteten oder verdrängten Werte, die auf die verschiedenen Anteile der Persönlichkeit hinweisen, kann eine Integration derer vom Schatten in das Bewusstsein erfolgen. Und dies kann erst einmal nur geschehen, wenn dies über die Projektion (auf meine Umwelt), also über dem Außen erfolgt.

 

 

Im folgenden, dritten Teil meines Artikels werde ich näher auf den esoterischen Hintergrund meiner Betrachtung und auf eine mögliche Herangehensweise bei der Bearbeitung von Ängsten eingehen, das den Praxisteil dieses Artikels markieren wird.

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