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Bindungsangst - Die Angst vor den eigenen Gefühlen (Teil 1)

Teil 1: Entstehung und Ausdruck der Bindungsangst

Die Bindungsangst gehört wie die Verlustangst zu den Bindungsstörungen. Sie können dazu beitragen, dass Schwierigkeiten in Begegnungen und in Beziehungen auftreten. Die Bindungsangst ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Angst davor besteht, sich auf eine andere Person einzulassen, sich dieser hinzugeben und sich ihr gegenüber zu öffnen. Diese entstehende Offenheit würde die empfundene Gefahr entstehen lassen, sich angreifbar zu machen und verletzlich zu sein. Und diese Verletzbarkeit kann bei der jeweiligen Person eine große Angst bewirken, die mit allen Mitteln vermieden werden will.

 

Frühere Verletzungen aus der Kindheit durch Eltern, Lehrer etc. können diese Angst verursachen. Bei jeder späteren Begegnung oder Beziehung können diese Verletzungen wieder ausgelöst werden und einen vor die Entscheidung stellen, öffne ich mich meinem Gegenüber oder bleibe ich bei mir und schütze mich. Ein Ausdruck dieser Bindungsangst könnte unter anderem daher sein, dass die tiefe Angst vorliegt, sich im anderen zu verlieren und sich dementsprechend nicht mehr ausreichend emotional absichern und schützen zu können. Es könnte das Gefühl entstehen, dem anderen gegenüber ausgeliefert zu sein; um dies zu verhindern, wählt man daher oft den Weg des Kontaktabbruchs oder der emotionalen Distanz, soweit dies auch möglich ist.

 

“Nähe-Distanz-Spiel”

Dementsprechend soll die jeweilige Person auf Distanz gehalten werden, andererseits stellt sie auch einen großen Reiz dar, sodass die Nähe gesucht wird. Dies kann dabei so weit gehen, dass es zu einem dauerhaften “Nähe-Distanz-Spiel” wird, bei der sich stets um Distanz und wiederum um Nähe bemüht wird. Dieses Wechselspiel kann ferner solange andauern, bis eine der jeweiligen Person dieses Muster durchbricht und entweder sich auf die Nähe trotz aller Befürchtungen und Ängsten einlässt oder eine dauerhafte Distanz oder Trennung beschließt.

 

Ein Aufrechterhalten dieses “Spiels” kann aus meiner Sicht eine Art chronischen Verlauf nehmen, der nur noch Energie und Zeit kostet und zu emotionalen und psychischen Stress führen kann.

Ebenso ist es aber auch möglich, dass bestimmte wichtige verdrängte Themen und Verhaltensweisen dabei aufgearbeitet werden, die die Bindung dieser beiden Menschen obsolet machen und dabei eine Art Neutralität entsteht.

Dies ist natürlich von vielen weiteren Faktoren, wie den Persönlichkeitsanteilen, der Art der Beziehung (Seelenpartnerschaft, Liebesbeziehung, Kollegenschaft, …) sowie von den (karmisch) aufzuarbeiten Themen, die zwischen diesen beiden Menschen herrschen, abhängig.

 

Die geschaffene Distanz in Begegnungen kann mit dem Gedanken einhergehen, dass ein Sich-vor-anderen-Verschließen einem dazu helfen vermag, sich langfristig zu schützen. Vielleicht gelingt dies auch eine bestimmte Zeit lang, jedoch bringt es die Tatsache mit sich, eine emotionale Distanz zu sich selbst zu schaffen und damit alle anderen auf Abstand zu halten.

Bindungsängstliche Personen sind sich dabei jedoch womöglich gar nicht bewusst, dass durch diesen erheblichen Selbstschutz eine Tiefe in der Begegnung nicht nur verhindert wird, sondern ebenso überhaupt kein echter und authentischer Kontakt stattfinden kann. So führt dies auf Dauer nur zu Distanz und Kühle, aber nicht zu erfüllenden und glücklichen Beziehungen.

 

Eine tiefe Begegnung zu jemanden kann jedoch nur dann stattfinden, wenn man zu sich selbst in einer Beziehung befindet, sprich, man sich auf sich selbst emotional beziehen kann. So kann anhand der Beziehung zu sich selbst abgelesen werden, inwieweit man eine Beziehung zu anderen aufzubauen vermag. Tiefe Begegnungen und Beziehungen können daher nur stattfinden, wenn man sich selbst tief begegnet (ist).

 

Woran ist nun festzumachen, inwieweit jemand in einer Beziehung zu sich selbst befindet? Ob er oder sie sich eben auf andere beziehen kann, wäre daraus die einfache Schlussfolgerung und die mögliche Antwort. Oftmals geraten Personen mit einer Bindungsangst, um die fehlende Beziehung zu sich selbst und daraus resultierend die fehlende Selbstliebe zu kompensieren, in ein Selbstverliebtsein, welches eher auf einen möglichen Narzissmus hindeutet, jedoch nicht auf eine Selbstliebe, die ein sich vertrauensvolles Öffnen und Hingeben zum Gegenüber erfordert und ebenso ermöglicht.

 

Und gerade ein Sich-Öffnen und damit das Erleben früherer schmerzlicher Erfahrungen auf tiefer emotionaler Ebene kann die Wunde heilen lassen, wodurch wundervolle Begegnungen und Beziehungen stattfinden können. Mit der dabei wachsenden Selbstliebe ist es möglich, für sein Gegenüber echte Gefühle zu entwickeln und Liebe zu empfinden, die nicht auf Abhängigkeit und Kontrolle (wie bei der Verlustangst) oder eben nicht überwiegend auf Distanz und Verschlossenheit wie bei der Bindungsangst basieren.

 

Diesen Artikel hat Michael Bitter geschrieben

Ich bin Astrologe und Dipl. Sozialpädagoge und biete astrologische Beratungen zu verschiedenen Themen und Fragestellungen an. Wenn du vor einem Problem stehst und nicht weiter weißt oder etwas mehr über dich erfahren willst, kontaktiere mich! Ich deute dein Horoskop anhand deiner Fragestellung und teile dies dir schriftlich und mündlich bei einem Gespräch mit.

Wenn das „Nähe-Distanz-Spiel“ zu einem Machtkampf führt

Es ist bei der Bindungsangst ebenso möglich, dass aus einem „Nähe-Distanz-Spiel“ ein Machtkampf wird, der Manipulationen und Abhängigkeiten verursacht und zu tiefen seelischen Verletzungen führen kann.

Auch hier gilt, wie schon bei der Verlustangst deutlich wurde, dass die jeweilige Person sich diese Abhängigkeit bewusst macht und ihre Werte, die sie an ihrem Gegenüber abgegeben hat, wieder zu sich selbst zurückholt und diese selbst lebt. Dabei ist es die Aufgabe zu schauen, was er/sie von ihrem/seinem Gegenüber erhofft und erwartet, welche dieser Eigenschaften das eigene Leben bereichern soll. Diese Erwartungen sollten dann, um die Abhängigkeit und Fremdbestimmtheit auflösen zu können, an sich selbst gerichtet werden und versucht werden, sich diese selbst zu erfüllen.

Unabhängig von diesen Erwartungen an die andere Person geht es ebenso darum gehen, die eigenen früheren Werte, denen man nachgegangen war, wieder aktiv zu leben und so das eigene Leben selbstbestimmter führen zu können. Es muss wieder gelernt werden, zu schauen, was einen selbst zu begeistern und zu erfüllen vermag. Dabei kann es hilfreich sein, die früheren Handlungen und Schwerpunkte des Alltags und des Lebens, die möglicherweise auf- oder abgegebenen wurden, sich wieder bewusst zu machen und diese mit Hingabe nachzugehen.

 

Astrologischer Bezug

Es kann davon ausgegangen werden, dass in der Begegnung auftretende Emotionen und Gefühle auf gemeinsame seelische Themen hinweisen, die in der Vergangenheit entstanden sind und verdrängt wurden. Unser jeweiliges Gegenüber spiegelt demgemäß die seelischen Anteile von uns, die uns nicht bewusst sind. Diese seelischen und persönlichen Themen können nicht nur einen erheblichen Einfluss auf unser Erleben und auf die Gestaltung der Beziehung ausüben, sondern uns ebenso damit die Möglichkeit geben, uns mit unseren verdrängten Anteilen zu konfrontieren und auszusöhnen.

 

Astrologisch betrachtet sind hier die beiden Häuser 7 und 8 angesprochen und die entsprechenden Zeichen Waage und Skorpion. Begegnungen oder Beziehungen, die auf einer tieferen Ebene stattfinden, entsprechen dem Skorpion und dem 8. Haus. Das 7. Haus entspricht zwar Beziehungen oder eben Begegnungen, aber noch nicht mit der Tiefe, über der wir oben gesprochen haben. Begegnungen mit dem eigenen Schatten (den verdrängten Anteilen) finden daher auch nur im 8. Haus statt und eben dort, wo sich das Tierkreiszeichen Skorpion und dessen Herrscher Pluto befindet.

 

Mit einer Bindungsangst möchte die jeweilige Person vorzugsweise in der oberflächlicheren Begegnung der Waage und des 7. Hauses bleiben, nur findet dort keine wirkliche tiefe Begegnung statt. Im 7. Haus, welches den Deszendenten und damit die Begegnung mit dem, genauer gesagt, mit unserem Außen darstellt, lässt uns Menschen begegnen, die wir zu unserer Bewusstwerdung unseres Seins, unserer Seele benötigen. Das 7. Haus (ebenso das 8. Haus und das 9. Haus (Schütze, Jupiter)) zeigt uns dabei, welcher Art von Menschen wir begegnen und welcher Art wir Erfahrungen dabei machen werden, die uns zur Erkenntnis unseres Selbst führen können.

 

Je nach Haus- und Zeichenbesetzung und den Aspekten der entsprechenden Planeten und Faktoren untereinander (u. a. Venus, Pluto sowie den Herrschern der entsprechenden Zeichen an den jeweiligen Häusern sind dabei besonders zu berücksichtigen) kann dabei ein differenzierteres Bild abgeben, worin die jeweilige Aufgabe der Person mit der Bindungs- oder auch der Verlustangst speziell besteht bzw. wie die Angst aufgelöst werden kann.

 

Durchleben früherer Verletzungen

Frühere Verletzungen können dazu führen, sich eben nicht mehr zu öffnen und auf Abstand zum Gegenüber zu bleiben, um frühere Verletzungen der Kindheit und/oder noch weiter zurückliegende zu vermeiden bzw. diese nicht erneut durchleben zu müssen. Aber gerade das Durchleben dieser früheren Verletzungen, seien sie noch so schlimm, ermöglicht uns, sich von diesen alten Gefühlen zu lösen und sich für neue Möglichkeiten innerhalb der Beziehungen zu öffnen. Es dürfte sich als ein unglaubliches emotionales Erleben anfühlen, wenn man spürt, zu welcher Nähe man fähig ist, hat man sich erst einmal von den verletzten Gefühlen gelöst. Selbst der Weg dahin kann eine faszinierende und spannende Erfahrung sein, wenn man sich dabei nicht allzu überfordert, aber auch nicht unterfordert, indem man bestimmte Schritte dabei nicht unternimmt und dadurch die Beziehung oder den Kontakt auf zu großen Abstand hält und dabei der Reiz des Miteinander verloren geht.

 

Angst - ein sinnvolles Gefühl

Dabei ist natürlich zu beachten, wenn wir an tiefe Beziehungen denken, die bei einer Bindungsangst verhindert werden sollen, dass die erlebten verletzenden Erfahrungen derart tiefgreifend und wesensverändernd waren, dass die Ängste dementsprechend auch einen Schutz darstellen, der nicht so leichtfertig außer Acht gelassen werden darf. Dieser Schutz ist für eine bestimmte Zeit auch sinnvoll, um die nötige Vorsicht gegenüber der jeweiligen Situation, Person oder Gegenstand etc. zu ermöglichen.

 

Im weiteren Verlauf des Lebens mit folgenden Begegnungen wird dieser Schutz, dieser Abwehrmechanismus (Verdrängung), der einst entstanden ist, um sich u. a. vor wiederholenden Verletzungen zu schützen, einem selbst sowie den angeeigneten Reaktionen auf Begegnungen nicht mehr gerecht.

 

Das heißt, dass eine mögliche frühkindliche verletzende Erfahrung, die für die Kinderpsyche nur schwer bis gar nicht zu verarbeiten gewesen war, im Erwachsenenalter ganz anders wahrgenommen und verarbeitet werden kann. Der Erwachsene sollte dann über ausreichend Erfahrungen und damit über einen Entwicklungsgrad verfügen, der es ihm ermöglicht, sich mit seinen früheren Verletzungen auseinandersetzen zu können.

 

Jedoch neigen angeeignete oder erlernte Verhalten dazu, zu einem Muster zu werden, die sich so tief verankern, dass sie automatisch gelebt werden, ohne dass diese dabei hinterfragt werden. Diese im Unterbewusstsein abgelegten Verhaltensmuster werden bei entsprechenden ähnlichen Situationen und Personen aktiviert und gelebt. Sie stellten vor Jahren in der Kindheit sowie in der Jugend einen wichtigen und sinnvollen Schutz dar, im Erwachsenenalter jedoch hindern sie einem eher daran, ein erfülltes Leben zu erfahren und zu leben.

 

Frühere angeeignete Verhaltensmuster, die auf verdrängte seelische Inhalte hindeuten, sind nicht nur deswegen zu hinterfragen und aufzulösen, sondern ebenso darum, da diese verdrängten Anteile auf Dauer krank machen und Depressionen verursachen können. Daher sollte die Chance genutzt werden, die verdrängten Erfahrungen zu bearbeiten, wenn die Zeit dafür gekommen ist, was durch entsprechende Personen oder Ereignisse im Leben spürbar und auch sichtbar sein wird.

 

Die äußeren Symbole zeigen die "laufenden" Planeten und Faktoren an, die eine Verbindung zu den inneren Horoskopfaktoren eingehen können. Diese Verbindungen (Aspekte) werden Transite genannt.
Die äußeren Symbole zeigen die "laufenden" Planeten und Faktoren an, die eine Verbindung zu den inneren Horoskopfaktoren eingehen können. Diese Verbindungen (Aspekte) werden Transite genannt.

Die “richtige” Zeit für die Bearbeitung der Bindungsangst (Transite)

Wann die “richtige” Zeit dafür gekommen sein mag, lässt sich wie oben schon angedeutet, durch entsprechende Situationen und Personen im Leben ablesen, ebenso jedoch auch durch die Transite, bei der die laufenden Planeten die Faktoren des Horoskops “berühren”. Bei dieser Prognosemethode kann sehr stimmig abgelesen werden, mit welchen Aufgaben man zu welcher Zeit konfrontiert wird. Bilden die äußeren Planeten, wie bspw. Saturn, Uranus und Neptun, Verbindungen zu den Planeten und Faktoren unseres Horoskops, dann können diese bestimmten Lebensaufgaben anzeigen, mit denen man dann zu dieser Phase konfrontiert wird. Etwas ausführlicher habe ich dies in meinem Artikel “Transite - ein astrologisches Werkzeug zur Bestimmung der Lebensaufgaben“ beschrieben.

 

Bei unserem Thema der Bindungsangst können uns dann zu dieser für uns stimmigen Zeit Personen “über den Weg laufen”, die in uns etwas auslösen und wir das Gefühl haben, sie sind für mich wichtig, dann kann es möglich sein, dass mit ihr oder durch sie die inneren Verletzungen bearbeiten werden können. Dabei spielen die Gefühle eine große Rolle, die einem empfinden lassen können, mit ihr oder ihm möchte ich meine Zeit verbringen. Je intensiver dabei das Verliebtsein ist, umso größer wird die Möglichkeit sein, die Ängste und verdrängten Inhalte zu bearbeiten und sich diese bewusst zu machen.

 

Denn die jeweilige vom Schicksal “geschickte” Person wird nicht nur die schönen Gefühle spürbar werden lassen, sondern ebenso auch gleichzeitig die inneren Verletzungen und damit auch die Ängste der Person auslösen, die die Bindungsangst aufweist. Es liegt dann an der bindungsängstlichen Person, mit dieser Situation entsprechend ihren Anlagen und ihrem Entwicklungsstand umzugehen.

 

Um es zu nochmals zu verdeutlichen, möchte ich betonen, dass wenn wir einer oder mehreren Personen begegnen, die unsere alten Verletzungen auszulösen vermögen, auch der Zeitpunkt gekommen zu sein scheint, uns mit unserer Bindungsangst auseinanderzusetzen und diese aufzuarbeiten.

 

Dabei sollte uns klar sein, dass wir nicht die Wahl haben, ob die Aufarbeitung geschehen wird, nur darüber haben wir die Entscheidungsmöglichkeit, ob wir dies bewusst tun und die Möglichkeiten dabei wahrnehmen oder uns weigern, um dann zu einem späteren Zeitpunkt abermals mit unserer Angst konfrontiert zu werden. Nur frage ich mich, ob es dann unbedingt angenehmer und einfacher sein wird.

 

Aus meiner Erfahrung wird uns das Leben immer wieder Chancen bieten, sich unseren Ängsten zu stellen, wir müssen diese “nur” wahrnehmen. Natürlich habe ich dabei “nur” in Anführungsstriche geschrieben, denn ist alles andere als leicht, sich seinen Ängsten zu stellen. Denn je tiefer die Angst, umso größer wird die Herausforderung sein, aber auch die Möglichkeit, mutig sein zu können.

Demgemäß kann das Leben, ganz allgemein gesprochen, sehr schön anzeigen, welche Entwicklungsaufgaben anstehen und welche Schritte man dafür tun darf, vorausgesetzt natürlich man hat ein Blick dafür entwickelt, die Hinweise entsprechend wahr- und ernst zu nehmen sowie diese entsprechend zu deuten.

Ausblick:

In dem kommenden zweiten und letzten Teil dieses Beitrages wird es um Vertrauen sowie um erhöhte Achtsamkeit gehen, die es zusammen und füreinander zu entwickeln gilt. Um die Bindungsangst zusätzlich zu verdeutlichen, habe ich mich einer Geschichte der griechischen Mythologie bedient.

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